Hallo zusammen!
Nachdem ich 2019 extrem viel mit meiner wieder ausgegrabenen (schon da 10 Jahre alten) Amazonas Matte recht zufrieden unterwegs, wollte ich mich an meine eigene Matte machen. Der Platz und das Gewicht der Amazonas Matte waren absolut ok für mich, nur hat es mich gestört, dass eigentlich ein Aufbau auf dem Boden ohne Bäume als Mückenschutz-Biwaksack nicht in Frage kam. Dem Stoff traue ich kein Steinchen zu und ein kleines Loch in der HM hätte sicherlich einen Riss beim nächsten hängen bedeutet. Außerdem bin ich von den HM-Hybridzelten aka Crua immer noch fasziniert.
Mein Plan war:
- Iso-Mattenkompatibel: und zwar für eine dicke Luftmatte, denn auf meinen Touren liege finde ich nur jedes 2. Mal was zum aufhängen und ein UQ auf dem Boden, naja...
- Grundmaterial wasserdicht: HM soll auch als Groundsheet taugen
- Mückennetz: haben hier viele Biester und auf dem Boden hält es den Schlafsack zusammen
- Gleich gut als Mini-Zelt auf dem Boden als auch als HM
Habe hier übers Forum den alten YT Link zu Bic gefunden, der vor Jahren ein gutes Tutorial für eine Brückenmatte aufgenommen hat. Die Brückenform schien perfekt, weil sie mit Isomatte funktioniert und grundsätzlich schonmal die grobe Grundform eines Innenzeltes hat (wenn man ein Mückennetz anbringt). Außerdem wäre ein Gathered-End ganz schön schwer geworden mit wasserdicht beschichteten Stoff.
Nach etwas planen und Modelle basteln habe ich mich an die Materialbestellung gemacht. (Imperiale Maße sind echt super nervig!)


Beim Stoff habe ich mich auf Nylon Pu beschichtet mit 90g/qm entschieden, wenn ich das richtig verstehe ist das ganz schön dick und schwer für eine HM.
Hier findet ihr meine Projektliste von Extremtextil.
Das Aufzeichnen und Kurven/Spline-Zeichen habe ich direkt auf den Stoff gemacht statt einer Karton Schablone, mein 1:10 Papiermodell hat mir sehr geholfen den Schnitt zu verstehen.


Platz ist wie beim Tarp schneiden echt ein Muss.
Beim Rest der Matte bin ich sehr eng den Vorgaben von Bic gefolgt und ganz bewusst ein etwas zu lange Matte für mich gemacht (1,75m 65kg), den Platz brauchte ich für den Bodenaufbau, damit auch mein Rucksack ans Fußende passt. Da ich noch keine Wanderstöcke hatte, habe ich ein paar alte billo 11mm Kohlefaser Zeltstangen als Spreizstangen provisorisch gebaut. Da ich zu wenig Dyneema für das Brücke-HM typische Abspanndreieck hatte, habe ich die vier Abspannleinen kurzerhand jeweils ~7cm kürzer gemacht. Das hat sich direkt beim ersten Testen als riesen Fehler herausgestellt. Je kürzer die Schenkel sind, desto mehr Kraft geht in die Spreizstangen, welche sich ganz ganz spektakulär gebogen haben und fast gebrochen sind. Da ich kein Fan von Carbonsplittern 10cm über meinem Kopf bin, habe ich durch etwas grübeln eingesehen, dass das von Bic vorgestellte Abspann-Dreieck echt das absolute Minimum ist.

Theoretisch kann man das ja mit stärkeren Spreizstangen kompensieren, aber die Kraft pro "gesparten" Dyneema Zentimeter steigt unglaublich hoch und zwar nicht linear. Nur mein Kajakpaddel hatte genug Steifigkeit um den 7cm kürzeren Abspanndreieck gerecht zu werden, das ist schon krass.
Deswegen habe ich nochmal Dyneema nachbestellt und neu gespleißt, je länger man das Dreieck plant, desto dünner können eure Spreizstangen sein und desto kippstabiler sollte auch die Matte werden.
Damit war die reine HM fertig und wurde direkt mal auf einer Tour getestet.


Leider nicht ganz ideal aufgespannt, weil die Hütte einfach zu kurz war, aber draußen im Wald war sturm, und trotzdem lag ich gerade und die Thermarest Venture funktioniert super damit. Trotzdem krass, was da an Last auf den Bogen ist, wenn man die anschnippst hört man ein Poing. Die Spreizstangen waren leider wirklich nur ein Provisorium, weil total schwer und für nichts anderes auf der Tour zu nutze.
Etwas später bin ich jetzt dazu gekommen das Mückennetz zu ergänzen (es hat sich gelohnt das Projekt in Etappen anzugehen). Hier habe ich mich nur leicht an die Vorgaben von Bic gehalten:
Statt eine komplexe Form zu planen und zu konstruieren habe ich mich für eine praxisnahe Alternative entschieden, indem ich die HM mit einer festen Ridgeline aufgebaut habe (ganz wichtig, die richtige Länge vorher testen!). Auf meinem Netz habe ich die Mitte aufgezeichnet und es mit Klammern an der Ridgeline und der HM befestigt. Dann justiert man alles so lange nach, bis alles faltenfrei sitzt.


Dann noch Referenzmarken auf Netz und HM gesetzt, sodass ich diese Position wieder finde und direkt mit der Schere entlang der HM das Netz zugeschnitten. Das war super entspannt und kann ich nur empfehlen (das Netz dehnt sich sowieso immer). Danach habe ich einen Reißverschluss einmal kreisherum um die HM genäht und anschließend um das Netz, nach etwas frustrierten 2x Nachnähen hat das dann auch gepasst aber meine Fehler der Reihe nach:
Nach dem ich zum ersten Mal beide RVs an Netz und HM hatte, war der vom Netz 30cm zu lang! Das ist natürlich Mist. Das hätte ich vermeiden können, wenn ich den RV an die Matte genäht hätte und das noch nicht zugeschnittene Netz an den noch freien RV gepinnt hätte.
Der YKK 3C Reißverschluss ist viel zu klein/fein, das sollte ein größerer sein (muss jetzt aber bei mir so halten.
Ich habe den RV direkt bündig an meine HM Kante genäht, sodass der ziemlich geschützt ist, Problem dabei ist die extreme Spannung auf der HM-Kante. Die dehnt den RV so stark, das er (wenn man drin liegt) nur mit sanfter Gewalt zugeht, weil ja der Counterpart am Netz ungedehnt ist. Ich würde in Zukunft den RV an ein 10mm Band nähen und das dann an die HM Kante. Übrigens die Dreiecke, die auch Bic erklärt, an den Ecken der HM, kann man ruhig größer und runder Zeichnen, die sehen wertig aus und funktionieren super.


Erst wollte ich noch die Ridgeline durch das Netz führen, das hätte aber ein paar komplizierte Laschen gebraucht, da ja die Ridgeline je nach Belastung sich weiter von der HM entfernt. Zwei 2mm Gummikordeln an die Spitzen des Netzes geknotet (nicht genäht!) sind super! So ist alles unter Spannung und der Aufbau ist simpel, gleichzeitig kann das Tarp auf der Ridgeline aufliegen und das Kondenswasser berührt nicht das Netz.

Noch ein Wort zum Mückengitter; ich habe den RV einmal kreisherum genäht und die offenen Enden überlappen sich am Fußende um 10cm. So ist das Teil dicht aber weiterhin abnehmbar (über genau das denkt Bic hier auch drüber nach). Funktioniert super, so kann ich im Winter ohne Netz wandern.
Noch schnell eine Tasche aus Netz ans Kopfende genäht für Handy, Powerbank, Taschenlampe und Uhr und fertig ist das Moped!




Hier sieht man nun endlich auch die neuen Wanderstöcke als Spreizstangen, ich habe oben ein Foto angehängt, da sieht man meine Aufnahmen, keine Raketenwissenschaft.
Ich bin mit dem aktuellen Stand ziemlich zufrieden, insbesondere kann ich das Netz am Kopfende links und rechts aufzippen bis zu meinen Schultern und die Gummikordel an der Ridgeline Richtung Mitte verschieben So hab ich freien Blick in die Sterne und das lose Netz verschließt den Raum zu meinen Füßen. Zum Schlafen kann dann alles verschlossen werden ohne aufstehen zu müssen.
Beim Gewicht liege ich (immer ohne Stöcke) bei 502g ohne Aufhängung mit den Schnüren und Karabinern bei 548g.
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Jetzt habe ich ja anfangs irgendetwas von einem Zeltaufbau geschrieben, wo ist das jetzt?
Ich bin noch nicht ganz sicher, ich hatte sowas wie ein Tunnelzelt im Kopf aber auch mit was ganz wildem experimentiert.



Ein bisschen stehe ich vor dem Grundproblem Tarp: für den HM Aufbau ist das glaube ich Pflicht, da kann ich nicht so ein enges Überzelt drüber stülpen?
Für den Bodenaufbau würde das Überzelt extrem viel Zeit sparen, ich finde Tarp aufbauen immer ein riesen Gefummel, gerade wenn ich keine Bäume gefunden habe, es schon dunkel ist und mich für den schnellen Zeltaufbau entscheide. Das bedeutet aber, immer Tarp und Überzelt dabei haben, auch irgendwie Mist.
So vielen Dank fürs Lesen, hoffe der ein oder andere kann was damit anfangen.
Freue mich über eure Meinungen und Kritiken.
(wann startet nochmal die nächste Forumstour in Norddeutschland?)